„Meine Bilder erzählen Geschichten”

Ihre Bilder strahlen eine ganz besondere Ruhe aus: Uta Gleiser ist Fotografin für Travel, Food und Interior und hat maßgeblich den Elbe-WOCHENENDER geprägt. Ein Porträt.

Text: Sabrina Waffenschmidt

Das erste, was mir an Uta aufgefallen ist, war: Diese Frau weiß, was sie will. Und sie hat keine Scheu, es sich zu nehmen. Uta kam nach dem Launch-Event unseres zweiten und dritten Bandes grinsend auf uns zu und sagte: „Wir würden gut zusammenpassen!“ Wir waren gespannt, denn die Chemie stimmte schon mal – und ihre Fotos haben uns gleich begeistert. 

Utas Bilder strahlen eine ganz besondere Ruhe aus. Sie sind nie überladen, denn das, was sie fotografiert, darf sich viel Raum nehmen. Und so erzählen ihre Bilder kleine Geschichten. Von den Orten, von den Dingen und von den Menschen. „Ich habe lieber wenig im Bild als zu viel. Sonst drehe ich durch. Außerdem brauche einfach ein Stück Muße bei meiner Arbeit. Dann kann ich mich damit auseinandersetzen, einmal von links herum gehen, einmal von rechts, und die richtigen Ecken und Perspektiven finden“, erzählt Uta.

Fotografie, das ist es!

Auf den gemeinsamen Recherche-Fahrten haben wir uns gut kennengelernt. Ich habe gelernt, dass Uta einen Raum erst einmal auf sich wirken lässt, bevor sie die Kamera zückt. Ich habe gelernt, dass Uta viel und gerne lacht und völlig offen und frei Schnauze auf Menschen zugeht. Und ich habe gelernt, dass Uta ihren Job kompromisslos liebt, auch, weil der Weg dahin nicht ohne Umwege war.

Aufgewachsen ist Uta in einer hessischen Kleinstadt und schon als Kind war ihr klar: Entweder macht sie später etwas Soziales oder etwas Künstlerisches zu ihrem Beruf. Nach der Mittleren Reife hat sie ihr Vater dann aber ungefragt für das Fachabitur in Wirtschaft und Verwaltung angemeldet. „Ich bin dort einen Monat lang in die Schule gegangen und dachte, das geht nicht!“ Heimlich schmiedete sie einen Plan: In ihrem Heimatort gab es einen Fotografen, wie es ihn in allen Kleinstädten gibt. „Da bin ich dann mit 16 Jahren einfach reingelatscht und habe gefragt, ob ich ein Praktikum machen darf“, erinnert sich Uta. Der Fotograf sagte ja, unter der Bedingung, dass sie am Montag anfinge, ein Jahr bliebe und parallel die Berufsschule besuchte. Und sie hatten einen Deal.

Ihren Eltern erzählte Uta zunächst nichts davon, doch drei Wochen später wurde sie eines Abends ins Wohnzimmer bestellt. „Das war erfahrungsgemäß immer ein schlechtes Zeichen“, lacht Uta heute. „Und tatsächlich flog die ganze Geschichte in dem Moment auf. Aber ich habe mich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, in diese Schule für Wirtschaft und Verwaltung zu gehen. Und irgendwie habe ich meine Eltern wohl überzeugt.“ Nach dem Praktikum war klar: Fotografie, das ist es!

Der ultimative Befreiungsschlag

Und trotzdem sollte es bis zum Fotografie-Studium noch ein paar Jahre dauern. „Erst habe ich meinen kranken Vater im Haushaltswaren-Laden meiner Eltern vertreten und dann habe ich in Hamburg, wo ich schon immer leben wollte, keinen Studienplatz bekommen. Da dachte ich mir: Dann gehe ich halt woanders hin!“ Schließlich ist sie als Au-Pair in St. Louis in den USA gelandet und hat dort einen Platz an der Uni bekommen. Tagsüber hat sie geputzt, abends hat sie Kurse belegt. „Das Studium war ein Freistrampeln von allem, eine riesige Spielwiese, auf der ich mich ausprobieren konnte. Total befreiend!“ Nach einem weiteren Praktikum bei einem us-amerikanischen Fotografen zog sie schließlich in ihr heiß geliebtes Hamburg, arbeitete in der Gastronomie und im Verkauf und fotografierte nebenberuflich. Bis sie merkte: Das reicht mir nicht! Sie wagte den Sprung in die Selbstständigkeit, für sie der ultimative Befreiungsschlag.

Inzwischen arbeitet Uta regelmäßig für große Magazine und Kunden mit Fokus auf Travel, Food und Interior. Und auch von der Arbeit an den WOCHENENDERN ist Uta begeistert: „Mir ist erst jetzt bewusst geworden, wie wenig ich das Umland von Hamburg kenne. Durch die Recherche-Fahrten habe ich jetzt aber so viele schöne Orte kennengelernt und an einige bin ich auch schon privat zurückgekehrt.“

Die Mischung macht’s!

Ob sie einen Lieblingsort im Buch hat? „Die Mischung macht es! Das Buch zeigt so viele tolle Orte mit ganz unterschiedlichen Facetten. Mir gefiel zum Beispiel Glückstadt sehr gut, so ein niedlicher Ort, um eine Runde zu bummeln und einen Kaffee im Hafen zu trinken. Ganz toll waren auch die Baumhäuser zum Übernachten auf Krautsand. Aber eines meiner persönlichen Highlights war das Hotel Bellevue in Lauenburg. Von außen war es so unscheinbar, dass wir befürchteten, wir seien völlig falsch. Wir haben uns geradezu angeschlichen und dann kamen wir da rein und mich es einfach umgehauen: Diese kitschigen Tapeten, die alten Möbel, die Plastikblumen und die lustigen Trotteln überall an den Vorhängen. Sowas von skurril und besonders. Ich hätte mich zu Tode fotografieren können!“

In diesen Momenten macht die Arbeit mit Uta besonders Spaß. Sie taucht völlig ein und bekommt das Grinsen nicht mehr aus ihrem Gesicht. Einer unserer gemeinsamen Lieblingsmomente geschah in der Prignitz. „Wir sind nach dem Abendessen noch einmal los, weil an dem Abend eine unheimlich schöne Lichtstimmung herrschte und wir die Elbe unbedingt von einer großen Autobrücke aus fotografieren wollten. Wir sind losgefahren, haben das Auto abgestellt und gemerkt, dass der Fußweg zur Mitte der Brücke doch viel länger als gedacht war. Wir hatten nur noch wenige Minuten Zeit bis die Sonne untergehen würde und rannten im Stechschritt auf dem schmalen Seitenstreifen über die Brücke, wurden von den Autos angehupt, kämpften gegen Windböen und dicke Spinnweben. Und dann haben wir es geschafft – und das Foto geschossen, das heute auf dem Cover steht.“ Und da grinst sie wieder. Vielleicht, weil sie weiß, dass sie Recht behalten hatte: Der WOCHENENDER und sie, wir passen zusammen. 

utagleiser-photography.com