Experimentelles Reisen: Der Weg ist das Spiel

Joël Henry gilt als Erfinder des experimentellen Reisens – eine spielerische Art, neue Orte, aber auch die eigene Umgebung zu erkunden. Die Spielregeln entscheiden, wohin man geht und wie man dahin kommt. Eine Art des Reisens, die in Zeiten von Pandemie und Klimawandel aktueller ist denn je. Eine Spielanleitung.

Fotos: Yvonne Schmedemann

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Es gibt keinen Ort, der zum Langweilen gemacht ist, sagt Joël Henry in einem Interview mit der taz. Henry war schon Spieleerfinder und Buchverkäufer, arbeitet als Journalist und Berater für Lokaltourismus, und gab 2005 gemeinsam mit Rachael Antony 2005 den „The Loney Planet Guide to Experimental Travel“ heraus. Er gilt als Erfinder des experimentellen Reisens, eine spielerische Art zu reisen und zu erkunden.

Die Spielregeln entscheiden, wohin man geht und wie man dahin kommt. Ein Ansatz, der in Zeiten von Pandemie und Klimawandel aktueller ist denn je. Denn diese andere Art zu reisen befreit, macht Spaß und zeigt einmal mehr, dass man nicht ans andere Ende der Welt reisen muss, um inspirierende Orte zu erkunden. Im Gegenteil: Die Spiele lassen sich auch wunderbar in der eigenen Stadt spielen.

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1 – Links und rechts

Eines der simpelsten Spiele ist es, sein eigenes Zuhause zu verlassen und die erste Straße nach links zu gehen, die nächste nach rechts, dann wieder links und so weiter. Bis man nicht mehr weiterkommt. Das funktioniert an jedem Ort, und es ist egal, ob man zu Fuß, mit Fahrrad oder Auto unterwegs ist. So entdeckt man wunderbar seine eigene Stadt oder sogar seine eigene Nachbarschaft neu.

2 – Alpha-Spiel

Für das Alpha-Spiel, wie es Joël Henry getauft hat, nimmt man sich eine Karte (wenn man denn noch eine rumliegen hat) und zieht zwischen der ersten Straße, die man mit dem Anfangsbuchstaben A entdeckt, und der ersten Straße mit Z eine Linie. Dann geht man raus und versucht dieser Linie möglichst genau zu folgen. Langweilig wird das so schnell nicht, schließlich gibt es unheimlich viele Buchstabenkombinationen.

3 – Zettel-Reise

Für die Zettel-Reise tut man sich mit ein paar Freund:innen zusammen. Jede:r schreibt einen Ort auf einen Zettel, den man besuchen will. Vorher wird ein Radius festgelegt, er sollte aber nicht weiter als 300 Kilometer entfernt sein. Dann zieht jede:r blind sein nächstes Reiseziel. Geht auch wunderbar in der eigenen Stadt.

 
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4 – Retourisme

Die Spielregeln sind einfach: Man sucht sich einen Ort in der Nähe des eigenen Zuhauses aus und fährt auf schnellstem Weg dorthin. Auf dem Rückweg aber reist man so langsam wie möglich wieder zurück nach Hause.

5 – Ero-Reisen

Ein Spiel für zwei: Man verabredet sich in derselben Stadt, fährt aber getrennt los. Dann versucht man sich gegenseitig zu finden – ohne Verabredung, Nachrichten oder Anrufe. 

6 – Stadtsafari

In der Stadtsafari geht man durch die Stadt und hält nach Tieren Ausschau, oder nach Graffitis oder nach Gullideckeln oder verlorenen Gegenständen. Die Liste ist unendlich und macht vor allem auch Kindern Spaß. Und wer will, macht von jedem „Tier“ ein Foto.  

7 – Kompass-Reisen

Es gibt nur eine Regel: Man verlässt sein Zuhause mit einem Kompass und geht konsequent nach Norden. Oder in jede andere Himmelsrichtung.