Porträt – Der mit den Schnucken zieht

Schafe hüten, Landschaft pflegen – zu einer seiner wichtigsten Aufgaben aber ist die Erziehung von Spaziergängern und Hundebesitzern geworden: zu Besuch beim Schäfer aus dem Büsenbachtal.

Es sieht romantisch aus, wie er da so steht. Der Schäfer, aufgestützt auf seinen Stock, sein Hund Anton direkt bei sich. Keine Uhr am Handgelenk, kein Handy vor der Nase. Ekkehard von Hörsten blickt über seine Herde und in die Landschaft vor ihm, die sich weit über den Pferdekopf rüber zum Brunsberg zieht, lila durchsetzt von Heide und braunen, sich leicht schlängelnden Wegen.

So romantisch geht es aber immer seltener zu. Sein Beruf habe sich in den letzten Jahren kaum gewandelt, sagt von Hörsten, wohl aber die Menschen. „Die Menschen haben keine Beziehung mehr zu Natur und Landschaft. Sie haben den Respekt verloren und den Umgang mit Tieren verlernt“, schimpft er. Große Schilder würden freundlich die Verhaltensregeln im Landschaftsschutzgebiet aufzeigen, aber beachten würde sie kaum jemand. Spätestens wenn er auf Menschen trifft, die fern der Wege laufen, die ihren Hund frei laufen lassen, deren Kot nicht aufsammeln oder die Tüten achtlos in die Büsche schmeißen, ist es aus mit der Romantik: „Dann bin ich eben der grummelige Typ mit den Schafen, aber ich habe über die Jahre die Geduld verloren in Anbetracht der Ignoranz. Die meisten Menschen wollen nur noch konsumieren – sogar die Natur.“

Von Hörsten hat die Herde 1986 von seinem Vater übernommen, der 1956 mit der Schäferei begann. Vor zehn Jahren entschied der gelernte Landwirt, sich ganz auf die Schäferei zu konzentrieren. Seine Frau betreibt in Wörme das beliebte Café „Schafstall“, hinter dessen Küche der echte Schafstall die kleine Schafherde beherbergt. Von hier aus geht es täglich hinaus in die Heide, Ausnahmen gibt es kaum, „oder wie würden Sie Ihren Kindern erklären, dass es heute leider kein Essen für Sie gibt?“ Von Hörsten reagiert trocken auf Fragen, deren Antworten auf der Hand liegen. Wie viele Schafe sind in der Herde? „Zählen Sie doch nach!", ruft er, und das sagt er auch den vielen Spaziergängern, die ihn jeden Tag immer wieder dasselbe fragen. Rund 200 sind es schätzungsweise, mittendrin noch ein paar Ziegen.

Als Schäfer ist von Hörsten vom Landkreis mit der Pflege des Naturschutzgebietes beauftragt. Denn da die Heide eine Kulturlandschaft ist, muss sie regelmäßig gepflegt werden. Die Schnucken tun dies freiwillig: durch Abknabbern der Pflanzentriebe von Heide, Espe und Birke. Neben den täglichen Aufgaben des Schafehütens kümmert sich von Hörsten auch um die Geburt der Lämmer und das Scheren des Fells. Selten kommt er auf eine geregelte 40-Stunden-Woche, meist liegen seine Arbeitszeiten deutlich darüber. „Die Schafe lassen keine Ausreden gelten“, resümiert der Schäfer, der auch das Schlachten seiner Tiere übernimmt. „Natürlich fällt mir das schwer, aber es muss sein und es gehört dazu.“ Schafe sind für ihn Tiere, die Respekt verdienen – und keine Maskottchen.

Wer tiefere Einblicke in das Leben eines Schäfers bekommen möchte, dem bietet von Hörsten an, ihn einen Tag lang zu begleiten. Durch die Heide wandern, sich auf die Erde legen und einfach nur lauschen. Wie die Birkenblätter rascheln. Und die Schafe trappeln. Eins werden mit der Natur – und Verständnis lernen.

Kontakt über:
Café im Schafstall
Am Büsenbach 35
21256 Wörme
T 04187 1072

cafeschafstall.de